Therese Wagner ist die neue Pfarrerin in der Friedensgemeinde. Im September beginnt sie ihren Dienst. Hier stellt sie sich kurz vor.
Um 0.30 Uhr steigen die letzten Raketen in die Luft. Es ist kalt. Ein längerer Fußmarsch liegt vor uns. Wir gehen von Tür zu Tür. Sobald sie sich öffnet, singen wir los:
„Das alte Jahr vergangen ist;
wir danken dir, Herr Jesu Christ,
dass du uns in so großer G’fahr
so gnädiglich behüt‘ dies Jahr.
Frohes Neujahr!“
Manch eine, die wir besuchen, singt mit, der eine oder die andere lädt uns ein, rein zu kommen. Oft gibt es einen Kurzen und etwas Kleingeld für den Gruß in der Nacht zum neuen Jahr.
Die erste Strophe des Liedes von Johann Steuerlein, sie gehört für mich zu einer meiner persönlichen „eisernen Reserven“, die ich aus meiner Kindheit und Jugend in der Lüneburger Heide in mir trage. Als Jugendliche haben wir den Text den Älteren nachgesungen – ohne groß darüber nachzudenken. Das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, war nicht besonders christlich geprägt, aber man hielt sich gerne an die Tradition. Mein Elternhaus war christlich. In aller Freiheit konnte ich mit den Geschichten und Liedern unseres Glaubens groß werden, ausprobieren, Fragen stellen und diskutieren.
„Meinen Sie, dass Adolf Hitler in den Himmel kommt?“ Kreuzen Sie an „Ja“, „Nein“, „Weiß ich nicht“. Mit dieser Umfrage stand unsere Konfi-Gruppe damals unverhofft an den Haustüren der Dorfbewohner. Es waren Fragen wie diese, die mich später zum Studium der Theologie bewegt haben. Fragen lernen, nach dem Grund unseres Glaubens, das ist für mich ein Weg, der im Zwei-Wort-Satz-Alter beginnt und am Sterbebett endet. Fragen, hinter denen wir keinen Haken setzen können. Dabei ist Kirche für mich der Raum und die Gemeinschaft, die zu diesen Fragen ermutigt, sie stellt und gemeinsam nach Antworten sucht und um sie ringt.

Mit Neugier und Lust, weiter die Frage nach Gott und die Fragen des Glaubens zu stellen und mit Ihren und meinen Lebensgeschichten zu füllen, beginne ich im September meinen Dienst in Ihrer Gemeinde. Ich gehe diesen Schritt im Bewusstsein, dass wir uns als Kirche neben den inhaltlichen auch den strukturellen Fragen stellen müssen. In welcher Form werden wir dem Inhalt zukünftig gerecht? Dabei freue ich mich auf das große Team an Haupt- und Ehrenamtlichen in Ihrer Gemeinde und erhoffe mir viel kreativen Geist.
Neben dieser Neugier und Lust komme ich mit dem Gefühl von Neujahr in Ihre Gemeinde. Für meine Familie und mich beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Aber wir gehen und kommen nicht, ohne auf das zu schauen, was uns gerade in den letzten acht Jahren in meiner alten Gemeinde am Fuße des Schwarzwalds beschäftigt und geprägt hat: Neben allem Beruflichen vor allem die Geburt unser beiden Töchter, Toni und Romy. Steuerleins Strophe trifft für mich auch hier. Wir sind dankbar für das, was uns im Vergangenen geschenkt und wovor wir bewahrt wurden. Gleichzeitig hoffen wir, in Ihrer Gemeinde und der Region bald heimisch zu werden. Dazu beitragen wird sicherlich, dass wir Im Neulich in Handschuhsheim eine Wohnung gefunden haben. Mein Mann, Gregor Herrmann-Wagner, wird als Pfarrer im Schuldienst am Hölderlin Gymnasium und der Theodor-Heuss-Realschule tätig sein. Mein Dienst in Ihrer Gemeinde beginnt am 5. September.
Bis wir uns (wieder-)sehen, bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrerin Therese Wagner