Einladung zur Gemeindeversammlung

Bericht des Ältestenkreises und Finanzen auf der Tagesordnung

Der Vorsitzende der Gemeindeversammlung, Peter Heesch, hat die Mitglieder der Friedensgemeinde eingeladen zur jährlichen Gemeindeversammlung.

Sie findet statt am kommenden Sonntag, 5. Juni 2016, um 11:15 Uhr im Gemeindehaus an der Friedenskirche.

Folgende Tagesordnung ist vorgesehen:

  1. Begrüßung, Bestimmung des Schriftführers
  2. Ermittlung der Zahl der stimmberechtigten Gemeindeglieder
  3. Bericht des Ältestenkreises übe seine Tätigkeit seit März 2015
  4. Information zum Haushaltsplan und zur Finanzsituation der Friedensgemeinde
  5. Wortmeldungen, Anregungen, Anträge an den Ältestenkreis
  6. Verschiedenes

Alle Mitglieder der Evangelischen Friedensgemeinde in Heidelberg-Handschuhsheim sind herzlich willkommen.

Mitarbeiterausflug zum Stift Neuburg war ein voller Erfolg!

 

Start

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Treffpunkt vierter Mai, 17:00 Uhr an der Friedenskirche. Bei herrlichem Wanderwetter fiel hier der Startschuss zu unserem diesjährigen „Mitarbeiter-Event“. Von hier aus begann dann die sechs Kilometer weite Wanderung zum Stift Neuburg. Rund 50 Haupt- und Ehrenamtliche fanden sich hierzu an der Friedenskirche ein.

Gut geleitet vom „Wegebeauftragten“ Gottfried Sigel stellte selbst ein Rendevouz mit einigen Nachzüglern an der Mönchberghütte kein größeres Problem dar. Von dort aus ging es auf Pfaden, für die mitunter Touristen aus fernen Ländern nach Heidelberg reisen, den Philosophenweg entlang Richtung Mausbach und dann zum Kloster Neuburg. Gegen 19:00 traf die durstig gewordene Gruppe dort ein und wurde von Pfarrer Gunnar Garleff und dem Vorsitzenden des Ältestenkreises, Axel Schimpf mit einer humorigen Einlage willkommen geheißen. P1000181Im Anschluss daran überreichte Gunnar Garleff Tabea Dürr ein Geschenk als Anerkennung für den Blumenschmuck, mit dem sie über lange Zeit unsere Kirche so liebevoll und liturgisch stets passend dekorierte. Verbunden war dies mit dem Wunsch aller Anwesenden, dass Tabea Dürr nach einer „Pause“ ihr Engagement bitte wieder aufnehmen solle.

 

Axel Schimpf eröffnete das Buffet. Es war von der Klosterküche so reichhaltig bestückt worden, dass bei allem Teilnehmer wirklich keine Wünsche offen bleiben mussten.

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Bei vielen guten Gesprächen verging die Zeit wie im Fluge. Es war vital mitzuerleben, welchen Schatz unsere Gemeinde in den zahlreichen engagierten Menschen besitzt, die sich mit den unterschiedlichsten Aktivitäten einbringen. Der Gesprächsstoff wäre allen Anwesenden auch bei etwas mehr Zeit nicht ausgegangen. Gegen 22:00 kam dann schon für das Aufbruchssignal zur Rückfahrt per Bus. Eine kleine Gruppe begab sich allerdings auf Schusters Rappen durch den dunklen Wald, vorbei an der nächtlich erleuchteten Silhouette des Heidelberger Schlosses auf den Heimweg nach Handschuhsheim.

Im Rückblick war der einhellige Tenor aller Beteiligten: „Das müssen wir nächstes Jahr so wiederholen“. Bleibt noch ein herzliches Dankeschön an alle zu sagen, die diesen tollen Ausflug mit vorbereitet hatten!

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Die Friedensgemeinde: Eine Kaderschmiede für Theologen

Konfirmation im Jahr 1956

Pfarrer Eckhart Marggraf, Jahrgang 1941, war von 1972 bis 2001 im Religionspädagogischen Institut der Evangelischen Landeskirche in Baden tätig, zuletzt als dessen Leiter. Der gebürtige Handschuhsheimer wurde 1956 in der Friedenskirche konfirmiert. Während seiner Jugendjahre erlebte er in der Gemeinde und im Ort eine Atmosphäre, die nicht nur bei ihm, sondern auch bei etlichen anderen die Lust daran weckte, Theologie zu studieren.

Von Eckhart Marggraf

Die große Zahl war für diese Generation Gewohnheit. In der ersten Klasse waren wir 51, aber es gab nur 50 Plätze im Alten Schulhaus in der Kirchgasse. Im Kindergottesdienst kamen oft an die 300 Kinder zusammen, sodass ich als Kindergartenkind lieber nach Neuenheim in den etwas „gesitteteren“ Gottesdienst mit der separaten „Lämmergruppe“ für die Jüngsten ging. Die „Gruppenunterweisung“ fand nach Schulklassenstufen statt. Die Gruppen verteilten sich über die ganze Friedenskirche einschließlich der Emporen. Hier wurde der damalige Theologiestudent Helmuth Vaupel mein bewunderter Katechet.

Was für eine Generation!

Was für eine Generation! Noch hatte das „Wirtschaftswunder“ sich nicht voll ausgewirkt, wenngleich das Wirtschaftswachstum im Jahr 1955 12 Prozent betrug. Mindestens zwei Drittel des Budgets einer Familie wurden für Nahrung, Wohnung und Kleidung benötigt. Autos begannen die Straßen zu beherrschen. „Freie Zeit“ wurde überwiegend im Familienkreis verbracht. Bis in die sechziger Jahre war das Radio Mittelpunkt des Feierabends. 1957 gab es erst eine Million Fernsehhaushalte. Zeitungen und Illustrierte waren verbreitet. Kino („Heimatfilme“) und Sport kamen hinzu. 80 Prozent eines Jahrgangs besuchten die Volksschule. 5 Prozent machten Abitur und nur 3 Prozent der Abiturienten stammten aus der Arbeiterschicht. Die soziale Spaltung der Gesellschaft in oben und unten war auch in Handschuhsheim unübersehbar. Das galt in und zwischen den beiden Pfarreien von Handschuhsheim noch einmal in besonderer Weise und reichte bis in die Zusammensetzung der Gottesdienstbesucher je nach Prediger. Landwirtschaft und Gärtnereien bestimmten weiterhin das Ortsbild. Auch in der Pfarrgasse sah man noch die Pferdefuhrwerke aufs Feld in den Klausenpfad hinausfahren.

Viele Konfirmanden wuchsen vaterlos auf, waren mit ihren Eltern geflüchtet, wohnten beengt. Zwar war Heidelberg von Bomben verschont geblieben, aber viele Häuser und ganze Wohnblocks waren von den Amerikanern besetzt. Der Bauboom hatte gerade eingesetzt und überall waren Zeichen einer rasanten gesellschaftlichen Veränderung zu spüren. Die Rollen der Frau und der Familie begannen sich erkennbar zu verändern. 1957 wurde das Gleichberechtigungsgesetz beschlossen, das unter anderem das alleinige Entscheidungsrecht des Mannes bei der Berufstätigkeit der Frau oder in Vermögensfragen beendete. Im selben Jahr bekam ich die gerade erschienene Dokumentensammlung zum Nationalsozialismus, die Walther Hofer zusammengestellt hatte, geschenkt mit der Widmung: „Vergangen ist nicht ungeschehen – wie viele meinen…“ Das ist mir zum Lebensthema geworden.

Mit Gehrock und Zylinder

Noch aber bestimmte eine traditionelle Kirchlichkeit das öffentliche Leben. An Karfreitag und am Buß- und Bettag waren die beiden Gottesdienste am Morgen und am Abend in der Friedenskirche bis zum letzten Platz besetzt. Sonntags füllten die Konfirmanden im Gottesdienst die Nordempore. Ihnen gegenüber saßen die Internats-Schüler des Friedrich-Stifts in der Bergstraße, die von ihrem Rektor Otto Löffler geschlossen zum Gottesdienst geführt wurden. Und dann gab es damals ja im Anschluss an die Konfirmation die zweijährige Christenlehre. Wenn Karlheinz Schoener predigte,war der Gottesdienstbesuch sogar stärker als sonst. Noch bestimmte die mittige Anordnung von Altar, Kanzel und Orgel das Bild der nach dem „Wiesbadener Modell“ in einem historischen Mischstil erbauten, rund 1200 Plätze umfassenden Kirche. Die beiden Kirchendiener trugen Gehrock, wenn sie an langen schwarzen Stangen die Klingelbeutel in die Reihen der Gottesdienstbesucher hineinschoben. Gehrock, aber vor allem der steife Zylinder, waren selbstverständlich Bekleidung der Männer bei Beerdigungen wie auch das Schwarz bei der Teilnahme am Abendmahl, das nur als getrennter Gottesdienst an den Hauptgottesdienst angehängt an wenigen Sonn- und Feiertagen im Jahr gefeiert wurde. Noch gab es zwei Liedtafeln für das alte badische Gesangbuch und das 1950 eingeführte „Neue“ EKD-weite Gesangbuch.

Kleidung war noch Mangelware. Im Schwesternhaus an der Tiefburg gab es Nähkurse, die vor allem der Änderungsschneiderei zugute kamen. So war auch mein Konfirmandenanzug irgendein Erbstück, das passend gemacht werden musste. Meinen ersten neuen Anzug konnte ich mir erst beim ersten Examen kaufen. Wir waren Flüchtlinge, die das Glück hatten, bei den Großeltern unterkommen zu können, denen dadurch die „Zwangsraumbewirtschaftung“ erspart blieb.

Wettbewerb im Auswendiglernen

Kaum etwas ist mir vom Konfirmandenunterricht geblieben: Die langen Tischreihen, wo wir nach dem Alphabet aufgereiht hintereinander saßen. Abhören des Auswendiggelernten, der bisweilen sarkastische Humor des Pfarrers, der einen bloßstellen konnte, dem man aber angesichts der absoluten Autorität wehrlos ausgesetzt war. Immerhin bemühte er sich um die Form eines fragend-entwickelnden Unterrichts. Doch er stachelte auch den Wettbewerb an, wer am besten die drei Erklärungen Luthers zum Glaubensbekenntnis und die Antwort auf die erste Frage des Heidelberger Katechismus („Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?“) aufzusagen vermochte. Hängen geblieben ist mir die Antwort auf die Frage „Wie lernen wir Gott kennen?“mit ihrer damals in der theologischen Diskussion heftig umstrittenen Antwort: „Wir lernen Gott kennen durch seine Offenbarung in der Natur, in der Geschichte der Menschen und in unserem Innern; ganz besonders aber in der Heiligen Schrift.“ Entsetzt war ich über die Einführung ins Abendmahl, bei der Schoener voller Ironie eine Theatervorstellung inszenierte und einübte. Noch wurde in Handschuhsheim das Abendmahl als Wandel um den Altar von den Schranken an der Brotseite zu den Schranken der Weinseite jeweils in Vierergruppen gefeiert. Die Entdeckung des Gemeinschaftscharakters war noch nicht vollzogen.

Weltoffenes Christentum mit kritischer Sicht auf Gesellschaft und Politik

Nachhaltiger als der Konfirmandenunterricht waren für mich ohne Zweifel das Singen in der Kurrende bei Erich Hübner mit regelmäßigem Mitwirken in den Gottesdiensten oder der Extra-Chor bei Meinhardt Poppen, mit dem die Sextaner-Knaben bei der Aufführung der Matthäus-Passion in der Peterskirche mitwirken durften. Ebenso wirkte die lebendige Jugendarbeit vor allem durch die gerade neu gebildete Jungenschaft, die sich der bündischen Jugendtradition angeschlossen hatte. Aber vor allem war es die anregende Umgebung im Großelternhaus, die bei mir längst den Wunsch geweckt hatte, Pfarrer werden zu wollen. Der Großvater, Religionslehrer im Ruhestand, hatte uns schon früh biblische Geschichten anhand großer Meisterwerke der Kunst erzählt. Als Vademecum hatten wir das aus Bayern stammende „Gottbüchlein“ und dann in der Schule Jörg Erbs „Schild des Glaubens“ mit den Zeichnungen von Paula Jordan bei uns. Den Großvater begleiteten wir zu seinen Gottesdiensten als Seelsorger des Altenheims St. Anna in der Plöck. Nach der Schule holten wir für ihn in der Evangelischen Buchhandlung in der Hauptstraße die „Neue Zürcher Zeitung“ ab, die er sich mit dem Buchhändler Comtesse teilte. Bei Besuchen in Handschuhsheim an seiner Seite zu sein, war immer ein Erlebnis. Das Spektrum reichte vom Landwirt Spar im Klausenpfad bis zum Besuch beim emeritierten Alttestamentler Gustav Hölscher im arabischen Fastnachtskostüm, der mir den Gruß „Salem aleikum“ beibrachte.

Als 1954 Günther Bornkamms Jesus-Buch erschienen war, wurde daraus zuhause vorgelesen. Ein Jahr später erzählte der Großvater von Dietrich Bonhoeffers Gefängnisbriefen, die gerade veröffentlicht worden waren. Zur Konfirmation erhielt ich von einer Frankfurter Patentante ein Abonnement der „Stimme der Gemeinde“, dem Blatt des „linken“ Flügels der Bekennenden Kirche, und lernte so nicht nur Martin Niemöller kennen, der wenig später bei den ersten Demonstrationen zum „Kampf gegen den Atomtod“ auf dem Heidelberger Messplatz am Neckar zu erleben war, sondern auch Gustav Heinemann und Helmuth Gollwitzer, den spät aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Schüler Karl Barths. Ein weltoffenes Christentum mit einem guten Stück kritischer Sicht auf Gesellschaft und Politik waren der Nährboden, hinter dem Konfirmandenunterricht und Religionsunterricht blass blieben.

Bunte Welt in der Friedenskirche

Der Freund des Großvaters seit Kindertagen in Gernsbach und unmittelbare Nachbar Hermann Maas, den wir „Onkel Hermann“ nannten – damals Prälat und zahllosen Juden Retter und Helfer während der Nazizeit –, schenkte mir sein Israelbuch „Und will Rachels Kinder wieder bringen“ mit einer schönen Widmung in seiner großen gezierten Schrift. Aufgrund der Berichte von seinen Israel-Reisen konnten wir etwas erahnen von dem „Wunder“ nach der Shoah. In der Nachbarschaft lebten Menschen, von denen wir wussten, dass sie der Ermordung nur glimpflich entkommen waren: die Kinderärztin, die uns behandelte, die Lehrerin, die gegenüber wohnte, die Leiterin des Gemeindedienstes, die einige Straßen weiter mit der betagten Mutter lebte. Ein Jahr danach beerdigte Maas den geliebten Großvater, mit dem er Postkarten in lateinischer Sprache austauschte. Sie begannen häufig mit der Anrede: „Carissime!“. Wie die spannenden Begegnungen bei Gängen mit dem Großvater durch den Ort, bei denen wir Enkel den angeregten Gesprächen der Erwachsenen lauschten und staunten, wie der alte Religionslehrer Kontakte auch zu seinen früheren Schülern über die ganze Stadt verstreut hielt, so wurden wir Enkel als Briefträger durch den Ort geschickt und kamen in viele Häuser und Familien. Diese bunte Welt spiegelte sich am Sonntag in den Gottesdienstbesuchern in der Friedenskirche. Auf der Bank der Ältesten saß dann auch der Kirchengemeinderat Bechtel aus der Friedhofstraße, der Vater des späteren Prälaten Gerhard Bechtel, der unter der Woche in strammer Uniform mit goldenen Sternen geziert den Einsatz der Straßenbahn am Bismarckplatz koordinierte.

Es waren viele Handschuhsheimer, die in dieser Atmosphäre Lust bekamen, Pfarrer zu werden. Ich nenne nur Ernst Baier, Gerhard Bechtel, den späteren Landesbischof Klaus Engelhardt, Annemarie Grüneisen, geb. Hahn, Werner Keller, Gerhard Kreß, Dieter Oloff, Klaus Steyer, Helmuth Vaupel und Friedel Wernz.

Lebemeister und Lesemeister

Schließlich der Festtag selbst am 18. März 1956. Der Vetter meiner Mutter, der zweite Gemeindepfarrer Hans-Otto Jaeger, und seine aus der Schweiz stammende Frau Vilmette richteten das Festessen für die große Familie im Pfarrhaus neben der Friedenskirche aus. Unter den Paten war auch Hans Barner, der damalige Heidelberger Dekan. Der Großvater hielt die Tischrede über ein Wort des mittelalterlichen Mystikers Meister Eckhart, dem ich meinen Vornamen verdanke: „Ein Lebemeister frommte mehr denn tausend Lesemeister.“ Das war eine Mahnung, dass ich über meinem Lesehunger nicht die täglichen Aufgaben in der Schule vergessen sollte. Ein befreundeter Nachbar, heute emeritierter Ordinarius für alte Geschichte an der Münchner Universität, besorgte mir alle gewünschten Titel aus der Universitätsbibliothek.

Karlheinz Schoener gab mir das Pauluswort „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus“ mit auf den Weg. Das hat mir immer wieder die Richtung gewiesen.


Eckhart Marggrafs Erinnerungen sind Teil des Themenschwerpunkts zur Konfirmation im neuen Gemeindebrief der Friedensgemeinde. Dies ist eine ausführlichere Fassung seines Textes. Mehr zum Thema Konfirmation im neuen Gemeindebrief – jetzt in Ihren Briefkästen. Oder in der Kirche und im Pfarramt. Oder zum pdf-download hier.

Aus Kindern werden Leute

Neuer Gemeindebrief zum Thema Konfirmation

Die Friedensgemeinde hat ihren Gemeindebrief einer Frühjahrskur unterzogen. In dieser Woche ist er erschienen: Der neue Gemeindebrief mit der fortlaufenden Nummer 224 – aber ganz und gar frisch und neu, farbig und aktuell. So vermittelt er einen lebendigen Blick in die Friedensgemeinde. Ab jetzt hat jeder Gemeindebrief ein eigenes Thema. In dieser Ausgabe: Der Wert und die Bedeutung der Konfirmation.

GB224 Titel„Die Konfirmation ist gefragt“, schreibt Friedensgemeinde-Pfarrerin Martina Reister-Ulrichs im neuen Gemeindebrief. Denn: „Nach Angaben der evangelischen Landeskirche in Baden gehen fast alle getauften Jugendlichen eines Jahrgangs im Alter zwischen 13 und 15 Jahren zur Konfirmation. Was ihnen von anderer Seite oft unterstellt wird, dass namlich Geld und große Geschenke die ausschlaggebenden Faktoren sind, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.“

Anders als bei den voraufgehenden Generationen fällt die Konfirmation heute nicht mehr zwangslaufig mit dem Schulabschluss und dem Beginn eines „Ernst des Lebens“ zusammen, so Martina Reister-Ulrichs weiter. Die Jugendzeit ist im 21. Jahrhundert stattdessen eine Lebensphase, die sich in zwei Richtungen ausgedehnt hat. Zum einen setzt die Pubertat immer früher ein, zum andern leben junge Menschen zum Teil wesentlich länger als früher in unselbstandigen Verhältnissen. „Da setzt die Konfirmation ein Zeichen im unübersichtlichen Gelände der Jugendzeit“, schreibt Reister-Ulrichs.

Der Aspekt der Zulassung zum Abendmahl hat demgegenüber an Bedeutung verloren, so die Pfarrerin. „Seit den 90er Jahren ist es in allen evangelischen Landeskirchen gute Praxis geworden, das Abendmahl auch mit Kindern einzuüben und zu feiern. Trotzdem ist zu beobachten, dass viele Konfis sich den Gang zum Abendmahl für den Konfirmationsgottesdienst aufsparen. Dort werden sie eben nicht nur als einzelne, sondern auch als Gruppe in einen neuen Lebensabschnitt eingeführt. Diese Gruppenzugehörigkeit findet in der gemeinsamen Abendmahlsfeier einen sichtbaren Ausdruck.“

Von seinen Anfängen in der Reformationszeit und verstärkt durch Aufklärung und Pietismus kommt auch dem Unterricht in der Konfirmandenzeit ein wichtiger Stellenwert zu. Er möchte heute auf jeden Fall mehr sein als die notwendige Vorbereitung auf das Fest am Ende. Und während es im Religionsunterricht vor allem um gelehrte Religion geht, soll im Konfirmandenunterricht und auf Freizeiten Religion erlebt und praktiziert werden. Konfirmiert, also bestärkt werden, ist eben nicht nur ein einmaliger Akt, sondern ein Prozess, der für sich und mit anderen eingeübt werden will.

Eigentlich beneidenswert, findet Martina Reister-Ulrichs: Zeit und Raum zu haben fürs Unverfügbare, fürs Unwissbare, fürs Unheimliche und einen ehrlichen Umgang damit.


 

Den ausführlichen Text von Pfarrerin Martina Reister-Ulrichs und mehr zum Thema Konfirmation finden Sie im neuen Gemeindebrief. Ab jetzt in Ihren Briefkästen! Oder in Kirche und Pfarramt. Oder als pdf-download hier.

„… denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen“

Flucht und Fluchtgeschichten in der Bibel

Die Bibel ist eine große und einzigartige Sammlung von Fluchtgeschichten. Die Bibel weiß: Seit Anbeginn sind Menschen auf der Flucht, werden vertrieben, müssen ihr Haus und ihre Heimat verlassen. Aus welchen Gründen auch immer. Gerade ihnen aber gilt Gottes besondere Zusage und Nähe. Das ist der herausfordernde Kern der jüdisch-christlichen Überlieferung: Wer auf der Flucht ist, bleibt nicht allein. Gott geht mit.

Von Lothar Bauerochse

RefugeesWer die Bibel aufschlägt, liest schon auf den allerersten Seiten von Menschen auf der Flucht. Adam und Eva! Sie sind Vertriebene. Sie müssen das Paradies verlassen, werden hineingestoßen in die Ort- und Heimatlosigkeit. Und das setzt sich fort bei den Vätergeschichten der hebräischen Bibel. Abraham verlässt seine Heimat und macht sich auf die Suche nach einem neuen Ort. Ihn treibt ein Versprechen an, nämlich dass es ein großes und segensreiches Land für ihn geben wird. Heute würde man Menschen, die ihre Zelte abbrechen und ihre Heimat verlassen mit der Sehnsucht nach einem besseren Ort für ein besseres Leben wohl Wirtschaftsflüchtlinge schimpfen. Für Abraham aber wird es gleichsam zum Kennzeichen seiner Existenz, zu einer theologisch bedeutsamen Grundaussage über sein Leben: „Mein Vater war ein heimatloser Aramäer“ heißt es später im Buch Deuteronomium über ihn: „Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder“. Ein Satz, der für Israel Bekenntnis-Rang hat.

Wer alles in der Bibel auf der Flucht ist: Propheten wie Jona oder Jeremia, Kain, nachdem er seinen Bruder getötet hatte, Jakob floh vor seinem Bruder Esau, David vor Saul.

Das ganze Volk Israel war auf der Flucht, der Tyrannei und Sklaverei mit knapper Not durchs Wasser entkommen, mit der Sehnsucht im Herzen nach einem Land, wo „Milch und Honig fließen“, wo es sich in Freiheit gut leben lässt. Generationen lang dauert diese Flüchtlings-Existenz. Und auf der Flucht macht dieses Volk eine theologisch wichtige Erfahrung: Dass nämlich Gott mitgeht und mit dabei ist auf dieser Flucht.

Und das Volk Israel macht diese Erfahrung immer wieder in seiner Geschichte. Vertreibung, Flucht, Exil. Prophetische Stimmen helfen den Geflohenen, diese Situation theologisch zu deuten, als wichtige Glaubenserfahrung: Gott ist nicht gebunden an das Zentrum der Macht mit seinen Heiligtümern. Sondern er ist bei denen, die sich als Fremdlinge durchschlagen, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind, um Wurzeln schlagen zu können, und die dort, wo es sie hin verschlägt, versuchen ein neues Leben aufzubauen. „Suchet der Stadt Bestes“ schreibt der Prophet Jeremia den Flüchtlingen.

Maria und Joseph vor GrenzzaunDa verwundert es eigentlich nicht, dass auch dem Sohn Gottes die Erfahrung der Flucht gleichsam mit in die Wiege gelegt ist. Weil der neugeborene König der Juden und Heiland der Welt dem weltlichen Herrscher ein Dorn im Auge ist, müssen Josef und Maria mit dem neugeborenen Jesuskind fliehen, nach Ägypten. Gott selber ist es, der diese Flucht anstößt und auch begleitet. Im Hebräerbrief wird dieser Grundklang der menschlichen Existenz als ein Leben auf dem Weg in den bezeichnenden Satz gebracht: „Wir haben hier keine bleibende Stadt. Die zukünftige suchen wir.“

Jesus hatte es ja vorgemacht. Der selber keine wirkliche Heimat kannte, der unterwegs war zu den Menschen, die selbst heimatlos waren, an den Rand gedrängt, die ihre Wurzeln verloren hatten: Witwen und Waisen, arme Leute, Kranke und Schwache. Und das nicht einfach zufällig, sondern als theologisches Programm, als zentrale Glaubensübung: „Die Füchse haben Gruben, die Vögel haben Nester. Aber der Menschensohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann“, so überliefern die Evangelisten Matthäus und Lukas ein bekanntes Jesuswort.

Flüchtlingskind an Hand eines HelfersFluchterfahrungen in der Bibel sind in zwei Richtungen bedeutsam. Zum einen die tröstende Zusage für all diejenigen, die auf der Flucht sind, dass Gott sich ihnen in besonderer Weise zuwendet. Es ist aber auch bedeutsam für diejenigen, die beheimatet sind, die ein Haus haben, die Wurzeln schlagen konnten. Ihnen gilt die Aufforderung, nicht zu vergessen, dass Flucht und Vertreibung zum Menschsein dazu gehören und dass Flüchtlinge die Zuwendung und Nähe Gottes in der Zuwendung und Nähe der Menschen spüren sollen. „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande …“, so heißt es im 3. Buch Mose, „… den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der Herr, euer Gott.“

Theologisch ist das die Schlüsselstelle für das rechte Verständnis von Flucht und Vertreibung und den angemessenen Umgang mit Flüchtlingen im Licht der biblischen Tradition: Die Zuwendung zu den Flüchtlingen ist untrennbarer Teil der Gottesbeziehung. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat es so ausgedrückt: Gott macht sich die Sache aller Fremden zu Eigen. „Ich bin euer Gott, ich habe die Fremdlinge lieb. Also habt auch ihr die Fremdlinge lieb.“ Bedford-Strohm spricht von einer „Ethik der Einfühlung“: „Stell dir vor, du wärest in dieser Situation. Würdest du dir nicht auch eine faire Behandlung wünschen?“ In diesem Sinne ist auch das große Gleichnis vom Weltgericht im Matthäus-Evangelium zu verstehen. Der Umgang mit dem Fremden wird zum Prüfstein für den Umgang mit Christus selbst gesehen: „Ich bin ein Fremder gewesen,“ sagt Jesus, „und ihr habt mich aufgenommen.“

Deshalb, so der bayerische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm, gehört es gegenwärtig zu den wichtigsten Aufgaben von Christen und von Kirchen, daran zu erinnern, dass Flucht immer Teil war der Menschheitsgeschichte, und dass Gott sich den Entwurzelten und Heimatlosen in sehr besonderer Weise zuwendet. Diese Empathie, diese „Ethik der Einfühlung“ ist es, die Christenmenschen dazu bewegt, sich zu engagieren.


Dieser Beitrag ist entstanden als Artikel für die Zeitschrift „Gemeinde leiten“ und erscheint dort im März in der Ausgabe 2/2016.

Fotos: fotolia.de

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