Ehrenamtliche HelferInnen für die Nachbarschaftshilfe gesucht

Die Nachbarschaftshilfe organisiert Hilfe von Haus zu Haus und sucht dabei Ehrenamtliche. Über die Aufgaben und die Selbstverständnis der Nachbarschaftshilfe spricht Pfarrer Dr. Gunnar Garleff mit der Einsatzleitung Dr. Sandra Grande-Stebler.

G.G.: Sandra, wo für genau sucht die Nachbarschaftshilfe HelferInnen?

S.G.: Wir suchen derzeit verstärkt für Hilfsleistungen im Haushalt, denn als Nachbarschaftshilfe wollen wir helfen, dass älteren Menschen und Menschen mit Einschränkungen möglichst lange in ihrem häuslichen Umfeld, wo sie sich auskennen und sich wohlfühlen, wohnen bleiben können.

Wenn die Beweglichkeit und vielleicht auch das Augenlicht nachlässt, fällt es immer schwerer, den eigenen Haushalt zu versorgen. Da wird das Beziehen des Bettes zum Kraftakt, da fällt es schwer, die Wäsche aufzuhängen, weil man die Arme nicht mehr über den Kopf heben kann, es ist anstrengend, den Staubsauger zu bedienen, wenn man nicht mehr sicher auf den Beinen steht, und auf die Leiter zu steigen, um Vorhänge nach dem Waschen wieder hinzuhängen, ist eine schier unlösbare Aufgabe oder es ist eine Wohltat, wenn einem jemand nach einem Krankenhausaufenthalt eine kleine Mahlzeit zubereitet.

G.G.: Wie groß ist der Bedarf derzeit?

S.G.: Insbesondere bei den beschriebenen Aufgaben im Haushalt ist die Nachfrage sehr hoch. Wir haben regelmäßig Wartelisten. Und es tut weh, wenn man Menschen nicht die Unterstützung vermitteln kann, die sie brauchen. Als Teil der Sorgenden Gemeinschaft wollen wir Verantwortung übernehmen und Menschen durch diese unschätzbar wertvolle Hilfestellung den Alltag erleichtern.

G.G.: Wird die Hilfeleistung vergütet?

S.G.: Als Ehrenamtliche HelferInnen bekommen Sie eine Aufwandsentschädigung von 10 €/Stunde und dürfen 3 000 €/Jahr steuerfrei (dazu) verdienen (unabhängig von Grundsicherung/ Wohngeld etc.). Sie können selbst entscheiden, wie viele Stunden in der Woche/im Monat Sie helfen wollen und können!

G.G.: Ich kann mir vorstellen, dass es daneben auch eine große Dankbarkeit seitens der Hilfe Empfangenden gibt. Sucht ihr auch für andere Aufgaben Ehrenamtliche?

S.G.: Selbstverständlich kann man sich auch für alle anderen, von uns angebotenen Tätigkeiten als HelferInnen melden. (Einkaufen, Begleitung, Spazieren gehen, Betreuung, Gespräche etc.)

Interessierte wenden sich bitte an:
Dr. Sandra Grande-Stebler
Tel.: 06221- 40 20 73
Mail: nbh.heidelberg-nord@kbz.ekiba.de

Konfi-Start unterm Heiligenberg

52 Jugendliche aus Neuenheim, Handschuhsheim, Dossenheim, Bergheim und der Bahnstadt sind am vergangenen Wochenende in ihre Konfi-Zeit unter dem Heiligenberg gestartet.

Erstmals verantworten die Gemeinden im Kooperationsraum Nord die Konfirmandenarbeit gemeinsam. In insgesamt vier Gruppen treffen sich künftig die Jungen und Mädchen zum gemeinsamen Fragen, Nachdenken, Ergründen, Arbeiten und Feiern.

Die wöchentlichen (Mittwochsmodell) und monatlichen (Blockmodell) Treffen finden dabei in den Räumlichkeiten an der Friedensgemeinde statt. Die Gottesdienstbesuche und die Konfirmationen allerdings in den drei evangelischen Kirchen in Neuenheim und Handschuhsheim.

Besonders motivierend für die nächsten Monate war der Konfi-Start. Neben der Freude, alte Kindergarten- und Grundschulfreunde und – freundinnen wiederzutreffen, war der Anfang geprägt von abwartender Neugier und ersten Herausforderungen. Am Samstag, den 13. Juli, startete die Gruppe mit sechs Teamern und Pfarrer Garleff zunächst per Straßenbahn in den Kletterwald nach Viernheim. Dort nutzten die Konfis die Möglichkeit zu vielen Begegnungen in den Baumwipfeln und bewiesen nicht nur ihre Geschicklichkeit in bis zu 12 Metern Höhe, sondern auch ihre Rücksichtnahme und ihren Teamgeist.

Der Abend des Tages klang nach kurzer Radtour beim Festival der Jugendkultur im Karlstorbahnhof aus.

Feierlicher Höhepunkt des Konfi-Startwochenendes war gewiss der Begrüßungsgottesdienst in der Friedenskirche am Sonntagabend, der mit einem ausgiebigen „Biergarten“ und dem Public Viewing des EM-Finales ausklang. Die Konfis allerdings hatte sich da gefunden und spielten lieber Basketball, Tischkicker und Tischtennis.

Ein guter Anfang ist gemacht. Jetzt geht es los und wir alle freuen uns auf tolle junge Menschen, ihre Frage und Ideen und ihr Engagement.

Lob der Schönheit

Das Gegenteil zum Begehren 

Poetisch-theologisches Lob der Schönheit 

Von Gotthard Fuchs

Die französische Mystikerin Simone Weil hatte recht: „Der Schönheit der Welt keine Aufmerksamkeit zu schenken, ist vielleicht ein so großes Verbrechen der Undankbarkeit, dass es die Strafe des Unglücks verdient.“ Schön ist „das, was man nicht verändern will“ und „wollen kann“. 

„Nicht zu fassen“, sagen wir dann, und halten inne. Ein schönes Gesicht, der Sonnenaufgang am Meer oder im Hochgebirge, Musik vom späten Schubert, die Skyline von Singapur oder schlicht das Erwachen ins Licht hier und jetzt – „der Blick und das Warten, das ist die Haltung, die dem Schönen entspricht. Solange man denken, wollen, wünschen kann, erscheint das Schöne nicht.“  

Es ist das Gegenteil zum Begehren: „Eine Frucht, die man anschaut, ohne die Hand nach ihr auszustrecken“. In Eduard Mörikes Gedicht „Auf eine Lampe“ heißt es am Schluss lapidar: „Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst.“ Es spricht für sich und hat seine eigene Beweiskraft. Es braucht und schenkt Kontemplation, Innehalten und Schauen. Vom Schönen geht eine Macht aus, die in Bann schlägt und gehörigen Abstand braucht. 

Natürlich sagen wir auch: „schön essen gehen“, „sich schön machen“. Man spricht von der „Ästhetisierung der Lebenswelt“. Alles soll stimmig und gut gebaut sein, auch das Dissonante und Fremde wird einbezogen in die schöne Konstruktion der Wirklichkeit. Dabei gehören das Schöne und das Erhabene doch zusammen. Es geht um Erfahrungen, die uns überwältigen, die hinreißen und sprachlos machen. „Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen“, heißt es in Rainer Maria Rilkes erster „Duineser Elegie“. Da kommt eine resonanzstarke Macht ins Spiel, die von früh an ins Religiöse hinüberspielt. 

In der geglückten Gestalt, in der stimmigen Erfahrung, in der ergreifenden Begegnung ist jenes Größere da, das zum Namen Gottes hinführt und gehört. Auch und gerade im vermeintlich Hässlichen: Seit dem christlichen Blick auf den unschuldig gemarterten Mitmenschen am Kreuz gehört das in jede Ästhetik, die der Wirklichkeit standhalten will. Kann nicht das Gesicht eines uralten oder sterbenden Menschen schöner sein als alles, was ästhetisch marktgängig ist und modisch? Das Schöne enthält ein Versprechen, es verweist auf Anderes und Höheres, im Endlichen scheint Unendliches durch und hervor. 

„Sehr gut, sehr schön“ ist die Welt trotz allem. Nicht zufällig beginnt damit die ganze Bibel. Gott ist der „Erfinder der Schönheit“, heißt es später (Weish 13,3). Kein Papst der letzten Jahrhunderte spricht so oft von der Schönheit der Welt und des Evangeliums wie der jetzige. Was christlicher Gottesglaube ist, könne nur auf dem „Weg der Schönheit“ vermittelt werden: einladend, lockend, eben anziehend (Apostolisches Schreiben „Evangelii Gaudium“).  

Warum also ist „Schönheit“ ein Fremdwort in den Kirchen geworden? Warum werden Lust und Freude kaum mehr mit dem Christlichen verbunden? „Kein Ding ist hier noch dort, das schöner ist als ich, / Weil Gott, die Schönheit selbst, sich hat verliebt in mich.“ So unterstreicht der Dichter Angelus Silesius das typisch christliche Erwählungsbewusstsein. Das freilich öffnet den Blick auch für das Hässliche in der Welt. Die Theologin Dorothee Sölle schreibt: „Wenn sich aber das schöne versteckt hält / im suff und im unförmigen Körper / in einer trägen bewegung / in einem unempfindlichen herzen / muss ich es suchen gehen // Die gewissheit das schöne zu finden / in allem was lebt / nennen wir seit alters gott // Gott ist überall / sie lockt uns durch schönheit zu sich / wir finden gott / in jedem Menschen.“ 

Gotthard Fuchs ist katholischer Priester und theologischer Autor,
der sich v.a. mit christlicher Spiritualität und Mystik beschäftigt.
Er war lange Jahre Direktor der Katholischen Akademie Rabanus-Maurus in Wiesbaden.
Dieser Text erscheint im nächsten Gemeindebrief

Sommerkonzert!

Bach und Mozart in der Friedenskirche

Mit einer exzellenten Auswahl an Werken präsentiert sich am kommenden Samstag der große Chor der Friedensgemeinde gemeinsam mit hervorragenden Solistinnen und Solisten sowie einem virtuosen Orchester.

Mit Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Sebastian Bach stehen zwei der größten Komponisten der Musikgeschichte auf dem Programm. Sie garantieren ein außergewöhnlich schönes Hörerlebnis.

Zum Auftakt die Vesperae Solennes de Dominica, eine sakrale Chorkomposition von Wolfgang Amadeus Mozart, in der er fünf Psalmen vertont, außderdem den Text des Magnificat.

In der Mitte Johann Sebastian Bachs Kantate „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“, eine Komposition aus seinen Leipziger Jahren über ein Kirchenlied der Reformation

Die so genannte „Spatzenmesse“ von Mozart steht am Schluss, eine „Missa brevis“, knapp komponiert aber mit Pauken und Trompeten festlich besetzt.

Es singen Carmen Buchert (Sopran), Tabea Nolte (Alt), Sebastian Hübner (Tenor) und Lorenz Miehlich (Bass). Es begleitet die Kammerphilharmonie Mannheim. Das Kantoreikonzert steht unter der Leitung von Michael Braatz-Tempel.

Karten gibt’s in der Bücherstube an der Tiefburg und an der Abendkasse zu 25 Euro (erm. 20 Euro) bzw. zu 20 Euro (erm. 12 Euro).

Kerwe-Predigt 2024

Meine liebe Hendsemer und Hendsemerinnen,
Zwei Gleichnisse über das Wachsen und Säen. Zwei Gleichnisse über das Reich Gottes und zwei Gleichnisse, in denen die Frage nach der Kirche und die Frage nach der Gelassenheit verborgen liegen. Zwei Gleichnisse für das Jubiläum 1250 Jahre Christen in Handschuhsheim und damit 1250 Jahre St. Vitus-Kirche.

Von Pfarrer Dr. Gunnar Garleff

Markus-Evangelium, Kap.4, 26-34
26 Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.
30 Und er sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? 31 Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; 32 und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.
33 Und durch viele solche Gleichnisse sagte er ihnen das Wort so, wie sie es hören konnten. 34 Und ohne Gleichnisse redete er nicht zu ihnen; aber wenn sie allein waren, legte er seinen Jüngern alles aus.

Gewiss, wenn die Kirche ein Jubiläum feiert, dann ist das an sich schon eine eigenartige Angelegenheit. Nicht das Feiern ist das Problem. Feiern gehört zur DNA des Christentums. Aber Jubiläen zeigen ja immer zuerst auf: Das Ziel der Kirche ist noch nicht gekommen, das Reich Gottes ist noch nicht gekommen, wir leben immer noch in der Zeit der Kirche. Alles noch Glauben und nicht Schauen. Alles ist noch vorläufig. So ein Jubiläum ist gleicht eigentlich dem ungeduldigen Blick auf die Uhr, wenn die Bahn mal wieder zwei Stunden Verspätung hat. Oder, um es im Bild der Gleichnisse zu sagen: Wann sind die Äpfel endlich reif?

Hat die Kirche heute wirklich noch den Menschen im Blick? Fragt sie nach dem Menschen und seinen Bedürfnissen oder ist sie mehr mit sich selbst beschäftigt, mit dem Kehricht ihrer Geschichte und dem Versuch, ihre Traditionen noch irgendwie trotzig gegen Zeitgeist zu verteidigen?

Doch das ist das eine. Das andere ist die Situation der Kirche selbst. Die ja in diesen Zeiten immer wieder in Not ist. Die Kirche droht an ihren eigenen Idealen zu scheitern. Die Kirchen schrumpfen, und offensichtlich ist, dass ihre Art der Rede und der Verkündigung heute immer weniger zu überzeugen vermag. Nicht selten wirkt die Kirche doch heute lebensfern und weltfremd, und die großen Skandale, allen voran der Missbrauch von Menschen, sind nicht zu verschweigen. Hinter den alten Mauern der Kirchen bröckeln die Scheinbilder der Vollkommenheit. Die Kirche heute wankt und ist in ihren Grundfesten immer wieder erschüttert. Hat die Kirche heute wirklich noch den Menschen im Blick, fragt sie nach dem Menschen und seinen Bedürfnissen oder ist sie mehr mit sich selbst beschäftigt, mit dem Kehricht ihrer Geschichte und dem Versuch, ihre Traditionen noch irgendwie trotzig gegen Zeitgeist zu verteidigen? Oder anders: Ist die Kirche eigentlich noch zu retten? Hat sie noch eine Chance auf Reifung und Wachstum?

***

Fragen wir sie doch einmal selbst, die St. Vitus-Kirche. Diese alte Dame an der Straßenecke. Wie ergeht es ihr tagein tagaus?

„Ich stehe an der Straßenecke. Meine Türen sind offen. Ich sehe die Menschen vorbeiziehen. Die einen eilen vorbei auf dem Weg zur Arbeit, in ihrem Kopf rattern die Probleme schon vor sich hin. Andere sind völlig entspannt in Vorfreude auf den Feierabend. Der Schultag geschafft – eine gesprächige und doch müde Schülergruppe radelt vorbei. Ob sie mich überhaupt – hinter den Bäumen versteckt – wahrnehmen, so gedankenverloren,.

Manchmal schnappe ich ein paar Gesprächsfetzen auf. Mal ein heiterer Witz, mal ein Hauch von Traurigkeit. Mal eine Stresstirade, ein quengelndes Kind, mal die Diskussionen über ernste Themen. Hitzköpfe. An der Straßenecke ein Diskurs über Vorfahrt und Rücksichtnahme.

Ich bin geduldig. So viel Wandel habe ich in meinem Leben erlebt. Geschichte und Geschichten. Freud und Leid. Kaiser, Könige, Fürsten, Ritter, Diktatoren und Präsidenten hab ich überdauert. Ja auch Priester und evangelische Pfaffen kamen und gingen. Gewiss, wer mich sieht, der sieht auch meine Wunden und den Wandel der Jahre. Sie haben an mir rumgebaut, Mauern aufgebaut und niedergerissen. Mal gab es etwas neue Farbe, mal haben sie mich mit Bildern verschönert.

Ich bin immer noch da. Offen für Neues, neugierig auf Menschen und Geschichten, und zugleich eine Zeugin für Nähe und Liebe. Meine Türen sind offen und von Zeit zu Zeit treten Menschen näher, durchbrechen die Distanz und kehren ein – mal still und leise, gedankenversunken, dann singend und lobend, mal forschend und staunend. Ich biete ihnen einen Ort ohne Zeit, für Ruhe, einen kühlen Ort der Besinnung.

Und ja, gelegentlich spüre ich dann, wie ein Geist durch meine Hallen weht, wie da ein schöner Lobgesang erklingt und Menschen Trost finden, Zuversicht, Hoffnung, Freude. Wie sie ganz erquickt dann ihre Wege weitergehen. Dann ist es, als hätte einer ihnen einen Samen ins Herz gelegt, der wachsen kann und blüht. Ein Anfang für etwas Größeres, eine keimende Hoffnung – dass ein großer Baum daraus werde, der Zuflucht schenken und die Geschöpfe im Frieden miteinander vereint.

Ich bin ja nur eine alte Kirche. Mich kann so leicht nichts schrecken, ich stehe einfach da durch all die Jahrhunderte. Und doch will ich kein Museum sein, sondern ein Feierort, ein Wandelort, ein Ort zum Aufbruch zum Säen und Keimen. Ja und ganz eigentlich bin ich doch eher eine Art Gewächshaus, ein Übergangsort, denn das wesentliche kommt doch noch.“

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26 Und Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie.

Die zwei Gleichnisse Jesu: Der Sämann und das Senfkorn. Der Sämann, der den Samen auf das Land wirft und sich dann schlafen legt. Und als er aufwacht, hat der Same gekeimt. Der Sämann steht für die Gelassenheit.

Gewiss, wir mühen und bemühen uns ständig, die Kirche zu gestalten. Überlegen uns dieses und jenes. Versuchen immer fort als Menschen die Prozesse und Entwicklungen unter Kontrolle zu bringen. Üben uns in Selbstkritik oder entlasten uns durch Kritik an den Verhältnissen oder an denen da oben – seien es Päpste, Bischöfe, Synoden, Oberkirchenräte. Wir wollen die Kontrolle und spüren doch die Ohnmacht.

Manchmal streut einer einen Samen, hat eine Idee, eine Vision, tut sie kund, nicht immer schon bis über das Ende hinaus durchdacht. Und dann beginnt der kollektive Zweifel, dann werden die Probleme benannt: Geht das mit den Alten? Verkommen dann nicht die Traditionen, die schönen Bräuche? Das haben wir doch schon immer nicht so gemacht? Ist das nicht alles doch Zeitgeist? Was ist mit der Ordnung? Nein, man braucht doch erst mal die Zustimmung aus Rom, oder ein protestantisches Gesetz, mindestens aber einen prozessorientierten Workshop.

Der Sämann aber streut den Samen. Er tut das nicht irgendwie unüberlegt. Es ist auch nicht davon die Rede, dass er den Acker zuvor vernachlässigt. Aber dann, wenn er das Notwendige bedacht hat, dann wirft er den Samen auf das Land und übt sich in Schlaf und Gelassenheit. Seine entscheidende Einsicht: Nicht alles ist an ihm gelegen. Das Wachstum ist nicht in seiner Macht. Es wächst weil ein anderer es wachsen lassen will.

Die Kirche streut den Samen, aber sie hat das Wachsen nicht unter Kontrolle. Ja, ich möchte sagen, vielleicht ist es gerade der jahrhundertelange Kontrollwahn kirchlicher Traditionalisten und Amtsträger und die Hybris, als ließe sich Gottes Wort und Geist durch rechte Lehre und Dogmen beherrschen und begrenzen. Die Kirche aber mag der Gemüsegarten sein, in dem der Samen wächst, aber sie kann das Wachsen nicht kontrollieren, wohl aber ihm den Nährboden entziehen. Vielleicht ist es jetzt viel mehr an der Zeit einmal demütig und doch voller Vertrauen Gottes Geist den Raum zu überlassen und sich selbst zurückzunehmen.

Gewiss aber ist, die Zeit der Kirche heute ist eine Zeit der Bescheidenheit. So steht sie doch da unsere Handschusheimer St. Vitus-Kirche an der Straßenecke. Die Menschen fahren vorbei, manche kehren auch ein. Ja, mag sein, dass die Kirche früher einmal der Mittelpunkt des Stadtteillebens gewesen war. Ihre Türen sind offen und zugleich sie drängt sich nicht auf.

Und das ist ein Aspekt des zweiten Gleichnisses.

Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden? 31 Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; 32 und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können.

Es beginnt ganz klein im Gemüsegarten – klein wie ein gerade 1mm großes Senfkorn – so ist das mit dem Reich Gottes. Nicht um die Kirche geht es, nicht um den einen großen Wurf, nein um das Reich Gottes, den Hoffnungsanker. Das Reiche Gottes ist das Friedensreich, in dem sich Friede und Gerechtigkeit küssen, in dem die alten Feinde sich lieben, in den Arm und Reich teilen, in dem die Vielfalt nicht nur ausgehalten und toleriert wird, sondern normal ist, weil die Unterschiede zwar da sind, aber nicht mehr über alles gestellt werden, das Reich Gottes wächst aus dem kleinen Samen hervor.

Nicht die Kirche gilt es zu feiern, sondern die kleinen Samenkörner der Zuwendung und Hoffnung Gottes für die Welt.

1250 Jahre Christen in Handschuhsheim, das ist ein schönes Motto, weil es offen dafür ist, dass nicht der Ruhm und die Ehre im Vordergrund stehen, sondern die kleinen Samen, die Christinnen in der Stadt, im Stadtteil immer wieder streuen. Nicht die Kirche gilt es zu feiern, sondern die kleinen Samenkörner der Zuwendung und Hoffnung Gottes für die Welt. Und da fallen mir einige ein: zuvorderst die Caritas und die Diakonie, Kümmerinnen für die Menschen, sie streuen den Samen der Liebe, wo sie Klientinnen und Klienten nicht nur als Pflegeobjekte wahrnehmen, sondern als Menschen mit Bedürfnissen, mit Würde, mit Träumen, mit Zweifel und Hoffnung. Mir fällt die Nachbarschaftshilfe und Handschuhsheim hilft ein und das solidarische Engagement so vieler Ehrenamtlicher in unseren Gemeinde, in den Vereinen, in der Politik. Das Reich Gottes wächst auf, wo Menschen sich wahrnehmen als Nachbarn und Mitmenschen. Mir fallen die großen Feste ein, natürlich unsere ausgelassene Kerwe, wenn alt und jungen tanzen, singen und trinken – friedlich miteinander und damit ihrer Heimat bewusst werden. Und natürlich gehört dazu auch das in unseren Kirchen gebetet wird und Gottesdienst gefeiert wird, dass wir miteinander das Abendmahl und die Eucharistie feiern. Es ist gut, dass wir Orte und Zeiten haben, die daran erinnern, nicht alles liegt in des Menschen Hand und nicht alles ist an seinem Denken und Verstehen gelegen.

Das Reich Gottes – diese große Hoffnungsvision Jesu – wächst aus den kleinen Senfkörnern der Liebe und der Mitmenschlichkeit hervor. Darum liebe Christinnen und Christen, liebe Hendsemer und Hendsemerinnen, streuen wir unseren Namen. Denken wir nicht zuerst nur uns selbst, nicht zuerst an die alte Dame Kirche, nicht zuerst an den eigenen Vorteil und die eigenen Wünsche, sondern streuen wir weiter unseren Samen – mit achtsamer Sprache, mit aufmerksamen Augen und Ohren, mit der Liebe zum Nächsten und zu dem uns noch fremden. Streuen wir den Samen auf die Felder und die Gemüsegärten in unserer Stadt, dass er werde zum Baume, in dem die vielen miteinander Herberge und Schatten finden im Frieden in unserem schönen Handschuhsheim, in unserem Heidelberg.