Mit einem lebendigen Familiengottesdienst wurde Christine Greil nach dreieinhalb Jahren als Leitung unseres Kindergartens in der Kriegsstraße verabschiedet und Sabina Mandzukic als neue Kindergartenleitung eingeführt.
Die Ansprache zum Leitungswechsel
Liebe Frau Greil, wenn etwas aufhört, dann gibt es meist warme Worte und wir selbst denken darüber nach, wie war ich eigentlich und wer will ich gewesen sein. Wenn etwas aufhört, dann hagelt es Nachrufe. Das Gute ist, wer im Leben mit etwas aufhört und doch noch lebt, der hört den Nachruf und kann es ganz mit Ohren der Ermutigung hören.
Sie hören heute in mehrfacher Hinsicht auf. Sie hören auf als Kindergartenleitung in der Kriegsstraße, aber zugleich auch als Mitarbeiterin der Evangelischen Kirche in Heidelberg und nicht zuletzt hört auch ihre Zeit in Heidelberg demnächst auf. Mitten im Leben wagen sie den Neuanfang – sportlich, mutig, zuversichtlich. Nun tun sich ChristInnen schwer mit dem Ende. Denn sie sind ja eher Anfängerinnen. Wir feiern immer lieber den Anfang. Das Ende ist nur interessant, weil ihm der neue Anfang folgt. Daher, liebe Frau Mandzukic, in leichter angepasster Form ist das folgende auch an Sie gerichtet.
Für diesen Anfang aber, möchte ich Ihnen 5 Wünsche mitgeben.
Zunächst: Ich habe Sie, Frau Greil, erlebt als eine fröhliche, zuversichtliche Frau. Eine Erzieherin mit Lust und Freude. Gewiss keine, die immer nur in dem – man verzeihe mir das Klischeehafte – sozialpädagogischen Hauchton daherkommt. Nein, wo Sie sind, da gibt es das ganze Leben: laut, bunt, wahrnehmend, nachdenklich, leise. Sie packen die Dinge an und Sie haben einen Plan. Sie haben eine Vorstellung davon, wie es sein könnte. Gewiss nicht immer kam und kommt es so, wie Sie sich das vorstellten oder erträumt haben. Sie sind bereit Pläne zu überdenken.
Ich wünsche Ihnen: Bleiben sie radikal, aber jederzeit bereit inkonsequent zu sein.
Sie sind eine starke Frau. Sie haben ihren Kopf hingehalten auch für Entscheidungen, die sie selbst gar nicht getroffen hatten. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sie als Leiterin des Markuskindergartens im Team mit Frau Reis die undankbare Aufgabe übernommen haben, den Kindergarten zu schließen. Mit Besonnenheit, aber auch mit Loyalität, mit Einfühlungsvermögen und mit Standhaftigkeit. Dafür sage ich Ihnen, als seinerzeit für die Entscheidung Mit-Verantwortlicher – noch einmal ganz persönlich Dank.
Ich wünsche Ihnen: Bleiben sie loyal, aber lassen sie nicht zu viel Kraft im Umsetzen der Entscheidungen anderer.
Als Leitungskraft in einem evangelischen Kindergarten ist man so etwas wie ein Schokoladenkuss in einem Brötchen: Oberhälfte der Träger, Unterhälfte die Elternschaft und dazwischen: Der Schokokuss: Die Leitung. Druck von allen Seiten. Kann man dem Stand halten? – Nun, wer hat schon mal eine Schokoskussbrötchen gegessen? – Das Beste daran ist die Mitte. Die sich müht alles irgendwie zusammenzuhalten. Sie ist der Klebstoff, der Geschmack, die Süße und die Schokolade. Alle trauen ihr zu, dass sie aus den gegebenen Ansprüchen das Optimale herausholt. Das kann nur schief gehen. Dem Schokokuss geht über kurz oder lang die Luft aus. Liebe Frau Greil: Sie sind als Schokokuss nun frei: Die Eltern werden ihnen bleiben, aber immerhin von oben drückt schon mal kein Träger mehr.
Ich wünsche Ihnen, den Mut das Optimieren zu lassen.
Ein Martin Luther zugeschriebener Satz lautet: „Wenn du ein Kind siehst, dann hast du Gott auf frischer Tat ertappt!“ – Wer im Kindergarten arbeitet hat vielleicht den Job mit der häufigsten Gottesschau. Sie haben in unserem Kindergarten Kinder beim Spielen, beim Buddeln, bei Nachdenken und Welterklären begleitet. Sie haben getröstet, erzählt, waren mal strenge Erzieherin und mal gütige Pädagogin. Wer Kinder begleitet lernt schnell: die großen Persönlichkeiten entwickeln sich durch Versuch und Irrtum.
Dabei haben wir es heute oft mit Rahmenbedingungen zu tun, die möglichst perfekt sein sollen. Die Kinder sollen sich super entwickeln können, möglichst angstfrei, sorgenfrei, geborgen sein. Die Eltern wollen ihren Dingen nachgehen können möglichst angstfrei, sorgenfrei, zukunftsoffen. Aber wir stellen fest: So perfekt ist das alles gar nicht. Immer wieder laufen Dinge schief, machen Kinder, Eltern, Erzieher, Träger, Pfarrer Fehler. Die Aufregung ist groß!
Wir müssen fehlerfreundlicher werden. Denn wenn A ein Fehler war, folgt daraus ja nicht notwendigerweise B, sondern vielleicht auch die Erkenntnis, dass A falsch war. Daraus folgt, dass man im Leben üben muss, nachsichtig mich sich selbst und anderen zu sein, wenn man das mit A entdeckt hat.
Ich wünsche Ihnen die Bereitschaft und das Bemühen jederzeit gute Fehler zu machen.
Und dann, liebe Frau Greil, ich vermisse schon jetzt unsere Gespräche, unser gegenseitiges Vertrauen, die Ernsthaftigkeit und das Vertrauliche, das gemeinsame Ärgern und Schimpfen ebenso, wie das gemeinsame Staunen und das Rumalbern im Team. Sie gehen jetzt nach Bayern. Das finde ich interessant. Da wäre ich nie auf die Idee gekommen. Noch dazu in eine fränkische geteilte Stadt, in der man schon durch die Wahl der Streifen und einer Katze deutlich machen kann, zu welcher Seite man sich zählt. (Preisfrage: Um welche Stadt handelt es sich?)
Ich wünsche Ihnen: Bleiben sie albern, unernst, interessant, anregend, arrogant, ärgerlich, lehrreich, ungerecht – aber nie banal.
Liebe Frau Greil, ich danke Ihnen für ihren Dienst in der Evangelische Kirche in Heidelberg und ganz besonders auch für ihren Einsatz und ihr Wirken als Kindergartenleitung bei uns in der Friedensgemeinde. Es war gewiss keine leichte Zeit und vieles haben Sie sich, haben wir uns gemeinsam anders vorgestellt. Aber sei es drum: Wir – die Kinder, die vielen Eltern, ihr Team und das Pfarrteam und der Ältestenkreis werden Sie vermissen. Aber zugleich: Ende ist Anfang, darum hüllen wir Sie golden ein und segnen Sie.





Das empfinde ich als eine sehr gut gelungene und warmherzige Ansprache. Die bisherige Leiterin, Frau Greil, wird dieses wohl ähnlich empfunden haben. So gut und segensreich „eingehüllt“ kann man mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf neue Herausforderungen zugehen. Darum: Danke an Pfr. Garleff auch für diesen Gottesdienst samt Ansprache zur Veraschiedung!