Der Arbeitskreis „Handschuhsheim hilft“
Auch in Handschuhsheim werden demnächst Flüchtlinge ankommen. Die geplante Unterkunft im Weiher wird derzeit gebaut. Schon vor einigen Monaten haben die christlichen Kirchen und der Stadtteilverein beschlossen, alles zu unternehmen, damit aus der Unterbringung der Flüchtlinge ein gutes Miteinander wird. Ein Arbeitskreis wurde gegründet. Er heißt „Handschuhsheim hilft“. Dr. Steffen Pauly ist dessen Vorsitzender, Dr. Dorothea Kaufmann die Co-Vorsitzende. Wir haben mit beiden über den Sinn und die Ziele des Arbeitskreises gesprochen. Und wir haben Friedenskirchen-Pfarrer Dr. Gunnar Garleff gefragt, warum eigentlich die Friedensgemeinde sich in dieser „politischen“ Frage engagiert und positioniert.
Herr Pauly, wie kam es zur Idee, den Arbeitskreis „Handschuhsheim hilft“ zu gründen?
Pauly: Ich weiß gar nicht, wer zuerst diese Idee hatte. Sie lag gewissermaßen in der Luft, als die Stadt im vergangenen Jahr das Konzept einer dezentralen Unterbringung in allen Stadtteilen entwickelte. Es gab ja bereits das erfolgreiche Beispiel des Asylkreises Dossenheim. Als ich Gerhard Genthner vom Stadtteilverein Anfang des Jahres meine Bereitschaft zur Mitarbeit signalisierte, hatte er bereits Gespräche geführt, auch mit den Pfarrern der Friedensgemeinde. Entscheidend für mich ist, dass der Arbeitskreis jetzt auf die solide Basis der drei Träger Stadtteilverein, Friedensgemeinde und St. Vitus gegründet ist, und dass wir als Ansprechpartner für ehrenamtliches Engagement auch von der Stadt anerkannt sind.
Mittlerweile besteht der Arbeitskreis schon mehr als 100 Tage und es haben sich auch schon mehr als 100 Ehrenamtliche gemeldet, die mithelfen wollen: Was gibt es denn zu tun?
Pauly: Die Bereitschaft zum Engagement in und für Handschuhsheim ist wirklich erfreulich und ermutigend. Es gibt viel zu tun, um zu einem friedlichen, gedeihlichen und sicheren Miteinander zu kommen. Das fängt bei der Unterstützung des Deutschlernens an und hört bei der Vermittlung von Beschäftigungsmöglichkeiten und Freizeitangeboten noch lange nicht auf. Als Auftakt für ein gelingendes Miteinander ist zum Beispiel ein Nachbarschaftsfest geplant.
Die Hauptaufgabe des Arbeitskreises ist es übrigens, alle Projekte und Aktionen zu koordinieren, die unserer Zielsetzung entsprechen. Das heißt: wir sind jederzeit offen für neue Ideen und Vorschläge, auch wenn es um einmalige Aktionen geht, zum Beispiel ein gemeinsamer Ausflug an einem Nachmittag.

Es wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet. Was sich hinter den Stichworten „Sport“, „Alltagshilfe“ oder „Sprache“ verbirgt, kann man sich ungefähr vorstellen. Aber worum geht es bei der „Umfeldpflege“, Frau Kaufmann?
Kaufmann: Uns ist der direkte Kontakt mit allen Handschuhsheimer/innen enorm wichtig; die Arbeitsgruppe „Umfeldpflege“ ist Kommunikationsschnittstelle, Kummerkasten und Mittler zwischen den Nachbar/innen. Sie dient als erste Anlaufstelle für die Handschuhsheimer/innen, die Fragen rund um das Flüchtlingsheim und unsere neuen Nachbar/innen haben. Gemeinsam informiert die Arbeitsgruppe z.B. Gewerbetreibende und Vereine im Weiher und darüber hinaus über die Fakten und Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsheim. Außerdem sorgt die Arbeitsgruppe für einen problemlosen Informationsfluss zwischen Stadt und Anwohner/innen und ist immer gerne bereit, mit Rat und Tat bei eventuellen Problemen zur Seite zu stehen.
Es ist die Rede von einem Sprachcafé – wie wollen Sie ein gutes Miteinander von Flüchtlingen und Anwohnern befördern? Gibt es schon konkrete Pläne?
Pauly: Wichtig ist: nicht übereinander, sondern miteinander reden. Ein Ort dafür ist ein Sprachcafé, wie es unter anderem bereits in Dossenheim betrieben wird. Wer miteinander redet, lernt eine gemeinsame Sprache, in der auch über Meinungsverschiedenheiten gesprochen werden kann. In einer gemeinsamen Sprache ist dann auch ein Austausch über die Regeln möglich, die für das gemeinsame Miteinander gelten. Außerdem bin ich überzeugt, dass ein Sprachcafé die Möglichkeit bietet, sich zu bereichern, nämlich um die Erfahrungen und Perspektiven anderer Menschen, gerade solcher aus einem anderen Kulturkreis. Unsere AG Sprache unter der Leitung von Renate Herbold sucht derzeit einen geeigneten Raum für das Sprachcafé. Wie bei anderen Plänen des Arbeitskreises auch, steht eine weitere Konkretisierung vor dem Problem, dass wir nicht wissen, wann und von wem die Unterkunft bezogen wird. Die Auskunft der Stadt ist derzeit nur „nicht vor September“.
Wo können Sie noch Hilfe gebrauchen?
Pauly: Jetzt im Moment gibt es keinen ganz konkreten Hilfsbedarf. Wie gesagt, wir wissen nicht, wann und von wem die Unterkunft bezogen wird, außer dass es um Menschen in der Anschlussunterbringung geht, die derzeit schon in einer der anderen Heidelberger Unterkünfte leben.
Um am Tag X schnell aktiv werden zu können, bitte ich dennoch alle hilfsbereiten Handschuhsheimerinnen und Handschuhsheimer, sich beim Arbeitskeis bereits jetzt zu melden und uns wissen zu lassen, welche Kompetenzen und Erfahrungen sie einbringen können. Insbesondere Menschen mit entsprechenden Sprachkenntnissen wären eine große Hilfe.
Herr Pfarrer Garleff, neben der St. Vitus-Pfarrei und dem Stadtteilverein engagiert sich besonders die Friedensgemeinde im Arbeitskreis „Handschuhsheim hilft“. Nun ist ja die deutsche Flüchtlingspolitik umstritten. Ist es da nicht gefährlich, wenn sich eine Kirchengemeinde hier so deutlich politisch engagiert und positioniert?
Politik gestaltet ja das Zusammenleben einer Gesellschaft. Eine Kirchengemeinde kann von ihrem biblischen Auftrag her gar nicht anders, als sich für das friedliche Miteinander Menschen im Stadtteil zu engagieren. Das ist ja das erste Ziel des Arbeitskreises, die Flüchtlinge als Menschen wahrzunehmen, die in die Nachbarschaft des Stadtteils aufgenommen werden. Wenn sich die Kirchengemeinde damit auch politisch klar pro Flüchtlinge positioniert, dann nimmt sie in gewisser Weise ihr prophetisches Amt ernst, indem sie gesellschaftspolitische
Themen kritisch und konstruktiv begleitet. Das heißt übrigens nicht, dass sie die derzeitige Flüchtlingspolitik kritiklos begleitet, denn die Tragödie auf dem Mittelmeer und die Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern ist alles andere als gut.
Die Kirche ist vom Evangelium her an der Seite der Armen, der Fremden, der Notleidenden. Und es erscheint mir notwendig, dass sich die Kirche klar gegen jene Kräfte wendet, die gegen Fremde hetzen und Ängste schüren. Als Kirchengemeinde wollen wir die vorhandenen Ängste eben nicht einfach nur bestätigen oder bekräftigen, sondern Ängste und Sorgen nehmen und zwar nicht durch das Schüren von Ressentiments und Vorurteilen, sondern durch Begleitung und Vertrautmachen des Fremden und Unbekannten und auch durch Zuwendung und Stärkung jener, die sich Sorgen machen.
Der Arbeitskreis „Handschuhsheim hilft“ ist gerade deshalb so wertvoll und es ist großartig, wie viele Menschen sich derzeit schon in ihm engagieren und positionieren für Nächstenliebe, Willkommenskultur und gute Nachbarschaft.
Kontakt zum Arbeitskreis „Handschuhsheim hilft“ am einfachsten hier
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