„Welche Kraft der Ort bereits hat…“

Jürgen Schlechtendahl ist Leiter des Bereiches Kirchenbau im Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe. Er begleitet die Renovierung der Friedenskirche schon lange, war Teilnehmer am Runden Tisch bei der Dekanin. Er gehörte 2007 zum Auswahlgremium beim Architektenauswahlverfahren.

Jetzt hat auch er das Stufenmodell in der Friedenskirche angeschaut und seine Eindrücke wie folgt zusammengefasst:

„Ich bin den Weg vor der Kirche und in die Kirche bewusst langsam gegangen, um deutlicher wahrzunehmen, was auf diesem Weg mit mir selber passiert. Meine Empfindung war, der neue Altar zentriert, er konzentriert den Blick und richtet das Augenmerk auf ihn. Er sammelt. Oberkirchenrat Nüchtern hat einmal gesagt, ein heiliger Raum muß auch „erschrecken“. Ich war tatsächlich ein wenig erschrocken, welche Kraft dieser Ort bereits in OSB-Ausführung hat. Bitte verstehen Sie das als ein ausdrückliches Kompliment an die Architekten.

Diese Zentrierung ist neu in Ihrer Kirche, die bisher vor allem den Blick nach oben geleiten wollte. Richtigerweise wird sie durch eine zurückhaltende, reduzierte Farbgebung unterstützt. Ich habe mir auch nochmal das Juryprotokoll von 2007 durchgelesen. Wir haben eine solche Wirkung offenbar ja damals schon erhofft, zumindest gibt es leise Anklänge dazu auch in der Bewertung des Entwurfs. Es ist sehr erfreulich, dies nun bestätigt zu bekommen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Bauverlauf!“

Die Friedenskirche findet eine neue Mitte

Veröffentlicht von Lothar Bauerochse

Mitglied im Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit der Friedensgemeinde.

3 Kommentare zu „„Welche Kraft der Ort bereits hat…“

  1. Es stimmt, die Kraft des Ortes haben wohl alle gespürt, die bei einer der Baustellenbesichtigungen und bei einer Andacht dabei gewesen sind. Man nähert sich mit einer Mischung aus Interesse, Neugier, manchmal sicher auch vorgefasster Meinung, und spürt, wie man in die Kirche hineingezogen wird, man spürt die Attraktivität. Die Reaktionen auf dieses Gespür waren durchaus unterschiedlich, mancher hat sich auch gegen diese Attraktivität innerlich gewehrt, gelegentlich durchaus lautstark. Es ist ähnlich, wie wir es bei vielen Geschichten im Alten Testament lesen können, in denen ein Ort eine wichtige Rolle spielt: Mose vor dem brennenden Dornbusch, Elia am Horeb sind Beispiele dafür. Um die Kraft eines Ortes zu spüren, braucht man zumindest ein wenig Offenheit.
    Mein erster Gedanke, als ich in die Baustelle kam war: In dieser Kirche möchte ich Abendmahl feiern, und zwar öfter als einmal im Monat.

  2. Tut mir leid: ich finde nicht, dass ein heiliger Ort
    „erschrecken“ sollte. Und ich hoffe nicht, dass die Neugestaltung erschrecken wird. Erschrocken sind schon im Prozess genügend Gemeindemitglieder darüber, dass ihre Meinung kaum Einfluss auf den Ablauf hatte. Von daher finde ich den Kommentar für unsere Gemeindesituation unpassend. Hoffentlich kann dennoch die Gemeinde in Ihrer Mehrheit die Möglichkeiten positiv annehmen. Trotz der Vorgeschichte.

    1. Hier ist der Begriff „erschrecken“ im theologischen Sinn gebraucht. Zu jeder tragfähigen Religion gehört das Erschrecken (tremendum) dazu. Und gerade die jüdisch-christliche Tradition hat ein sehr feines Gespür für das „heilige Erschrecken“ (wer sollte an Karfreitag nicht erschrecken?). Insofern muss man es tatsächlich herausstreichen: Ein Kirchenraum, der in diesem Sinne(!) befremden und erschrecken kann ist – gerade angesichts auch vielfach grassierende Wohlfühl-Religiosität – ein starker Ort. Ihn sollten wir uns leisten.

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