Vom Sorgen und Hören

Sorgen…

…sorgen für nimmer nachlassende Aufgaben im kirchlichen Leben. Sorgenvoll kann man auf die kirchlichen Entwicklungen blicken, ob Mitgliederschwund oder Resonanzverlust, ob Gebäudestrategien oder Strukturprozesse. Vieles bereitet selbst jenseits der ganz großen gesellschaftlichen Themen Sorgen. Einmal im Jahr aber sorgt der Ältestenkreis der Friedensgemeinde dafür, dass er ein Wochenende in Klausur geht. Anfang September war es wieder einmal soweit. Ein Wochenende in Rastatt sorgte für eine Auszeit jenseits der Handschuhsheimer Gemeindegrenzen und weit weg von allen Strukturprozessen in der evangelischen Kirche, war die Herberge für eine Nacht doch das katholische Bildungshaus St. Bernhardt.

Klausurtagungen dienen in der Regel dazu, mit mehr Zeit große Themen zu bearbeiten. Meistens werden Moderationskarten beschrieben, Kirchenmodelle entwickelt und Angebotsstrategie entwickelt. Nicht so aber der Ältestenkreis der Friedenskirche – das Thema des Wochenende war „Seelsorge – von der Selbstsorge zur Fürsorge“.

Bewusst hatten wir im Ältestenkreis vorab entschieden, dass die Klausurtagung der für das Leitungshandeln nötigen Vergewisserung dienen sollte. Deshalb standen Bibelarbeit und Austausch im Zentrum.

Ein besonderer Schwerpunkt war dabei unser Verständnis von Seelsorge, das wir mit Übungen und Reflexionen vertieften. Maßgebend dabei für die Ältesten: Seelsorge lebt wesentlich vom Hören, vom Hinhören und von der Aktion und Handlung des Gegenübers. Nicht das Reden des Seelsorgenden ist das Wesentliche, sondern das, was der Gesprächspartner sagt, was der andere braucht. Was er mitbringt ist bestimmend. Das Eigene des Seelsorgenden aber, so stellten wir in verschiedenen Übungen fest, dient dem Anderen im günstigen Fall als Perspektiverweiterung.

Nun kann man sich fragen, ob ein Ältestenkreis da nicht den Sinn und Zweck einer Klausurtagung verfehlt hat. Was trägt das für die Gemeindeleitung aus? Eine berechtigte Frage und tatsächlich waren wir selbst erstaunt, als wir am Ende unsere Wahrnehmungen zur Seelsorge mit unseren Leitungsentscheidungen in Beziehung setzten. Was sich nämlich in der Seelsorge ereignet, das kann auch in einer seelsorglichen Kirche Ereignis werden.

Für den Ältestenkreis bedeutet das: Wir denken weniger vom Kirche sein, sondern mehr vom Kirche werden her. Nicht das, was die Gemeindeleitung will und anbietet, steht im Zentrum, nicht eine Strategie des Bewahrens, sondern die Offenheit für das, was Menschen in die Kirche und die Gemeinde mitbringen an Ideen, an Bedürfnissen, an Engagement. Leitfrage ist für uns also nicht: Was brauchen die anderen? Welche Angebote machen wir? Sondern: Was bringen die anderen mit? Wo können wir unterstützen und ermöglichen?

Und wenn wir auf die vielen lebendigen Angebote, Gruppen und Kreise der Friedensgemeinde schauen, dann sind die wenigsten davon in den letzten Jahren durch die Gemeindeleitung erdacht worden, sondern häufig kamen Menschen auf uns zu und hatten eine Idee und wir haben der Idee und den Menschen Raum zur Umsetzung und damit zur Begegnung mit anderen gegeben. Lebendige Kirche, so glauben wir, entsteht da, wo wir Kirche und Gemeinschaft für andere, durch andere und mit anderen ermöglichen und uns nicht nur um uns selbst drehen.

In diesem Sinne herzliche Einladung für Ihre und Eure Ideen – es gibt viele Möglichkeiten.

Fotos: König und Seppich.

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